Bildpräsentation • Ihre erste eigene Ausstellung

 

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Bildpräsentation • 21.03.2012

Ihre erste eigene Ausstellung

 

Nachgefragt bei: Gino Puddu/Aroma Photogalerie, Ruth E. Westerwelle/BerlinerFotoSalon,  Lothar Albrecht/Frankfurter L.A. Galerie, Rudolf Kicken/Kicken Galerie, Sebastian Lux/Pixel Grain, Ann-Christin Bertrand/C/O Berlin u.a.

 

Davon träumen viele: endlich einmal die eigenen Fotos öffentlich zeigen! Ausstellungsflächen gibt es dafür tatsächlich viele. Doch der Zugang zu renommierten Orten und Galerien läuft oft über Empfehlungen

Ein Café im Berliner Stadtteil Schöneberg, eine ruhige Straße, nebenan die Tür zum Weinhandel. Die Spätsommersonne lockt die Gäste an die Tische auf dem Trottoir. Nachbarschaftsatmosphäre. Drinnen Kaffeehausstil im Kleinen. Gemütliche Tische, bunt zusammengewürfelt. An einer Wand hängen heute unbeachtet eine Hand voll Portraits, DIN A4 groß, gerahmt. Darunter sitzt auf einem Sofa Kerstin Parlow, die Fotografin. „Eigentlich sollte die Ausstellung nur einen Monat dauern, doch die Leute vom Café haben sich so an meine Bilder gewöhnt, dass sie nun länger hängen dürfen“, lächelt sie zufrieden. Dabei geht es ihr nicht darum, hier etwas zu verkaufen. Ihre Motivation ist ganz simpel: „Da ist plötzlich dieses Gefühl, dass meine Bilder mal wieder unters Volk müssen.“

Ob Berufsfotograf, Semiprofi oder Amateur – jeder will seine Arbeiten zumindest ab und an zeigen, und das nicht nur online. Die eigenen Bilder an einer Wand zu sehen, beachtet zu werden, Feedback zu bekommen oder jenseits aller Auftragsarbeiten zeigen zu können, was man kann. Mal bei einer Vernissage zu sein, die man selbst bespielt. Das ist der alte Traum der Fotografen, der vor fast keinem Halt macht. Doch wie gelingt das? Und: Macht es überhaupt Sinn?

Locations mit guter Reputation

Parlow hat Fotografie studiert, sich aber entschieden, beim Fotografieren auf sich selbst zu hören und ihr Geld mit etwas anderem zu verdienen. Trotzdem: „Fotografie nur für sich zu machen ist unbefriedigend“, meint sie. Die Bilder sollen nicht  zuhause in einer Schachtel liegen. Wo sie sie zeigt, entscheidet Parlow aus dem Bauch heraus. Im aktuellen Café hatte ihr einfach die Wand gefallen. Davor hat sie in einem Plattenladen ausgestellt, weil sie ihre Fotos gern zwischen den Covern im Schaufenster sehen wollte. Der Vorteil, wenn man an solchen Locations ausstellt: Den Betreibern ist es egal, ob etwas verkauft wird und die ganze Sache lässt sich viel schneller realisieren als bei renommierten Institutionen. Wichtig ist allerdings, dass die Leute vor Ort Bescheid wissen, wenn sich ein Besucher für die Bilder interessiert. Eine Infomappe hinterm Tresen ist das Mindeste. Eine Ausstellung fürs kommende Jahr hat Kerstin Parlow schon fix: Dieses Mal ist es ein Restaurant, und die Bilder sind dort nicht nur Dekoration. Es gibt eine Vernissage, die selbstverständlich in den einschlägigen fotografischen Veranstaltungskalendern angekündigt ist. Für die professionelle Einbindung sorgt der Chef Gino Puddu. „Als Fotograf sehe ich, wie schwer es ist, in einer Galerie zu landen“, sagt der Macher der Aroma Photogalerie, selbst ein leidenschaftlicher Lichtbildner. Er sieht seinen Laden als Sprungbrett. Verteilt über mehrere Gasträume kann er auch große Ausstellungen realisieren, wie gerade eine Sonderschau zu einem neuen Fotopreis (Surrau Photo Win), bei dem die deutsche Fotografin Eva Leitolf das Preisgeld von 10.000 Euro erhielt. Bei der Eröffnung im Aroma war sogar das italienische Fernsehen dabei. Es macht also durchaus Sinn, sich das Standing eines solchen Ausstellungsorts genau anzuschauen.

Weit über hundert Fotoausstellungen finden in Berlin zeitgleich statt – wenn man nur die zählt, die in den Ausstellungskalendern angekündigt werden. Von den renommierten Häusern und wichtigen Galerien, bei denen natürlich kaum Newcomer und selbstverständlich nie Semiprofessionelle gezeigt werden, bis zu Off-Spaces, kleinen Galerien ohne Vertretung, Fachlaboren mit Expositionsfläche und Hotellobbys mit reservierter Wandfläche. Tatsächlich gibt es noch viel mehr und damit unzählige Möglichkeiten, die eigenen Bilder an eine Wand zu bringen. Sei es in einer Arztpraxis oder in den Fluren einer Behörde, in der Stadtbibliothek oder in der Stammkneipe. Mal bieten sich Events an, etwa ein Kongress, der sich mit etwas thematisch Passendem schmücken möchte. Oder Fotografen eröffnen gleich selbst eine Produzentengalerie. Zugegeben: Berlin ist der absolute Spitzenreiter in Deutschland, wenn es um Plätze für Fotografie geht. Wo sonst können Fotografen im Deutschen Bundestag ausstellen? Oder in der Bar eines Starfotografen, bei Edel-Coiffeur Udo Walz? Grundsätzlich bieten sich jedoch fast alle Hauptstadt-Optionen so ähnlich in anderen Städten.

Wer zahlt die anfallenden Kosten?

Michael Schidlack ist Hobbyfotograf, hat außer in kleinen Quartiersgalerien auch in der schicken Linienstraße in Berlin Mitte ausgestellt. Die Chance bekam er im Rahmen einer Abschlussausstellung bei Imago, einer privaten Fotoschule, bei der er Kurse belegt hatte. Seine Erfahrung: Ausstellen ist teurer und aufwändiger als gedacht. „Bei sechs bis sieben Bildern hat man mehrere hundert Euro Printkosten.“ Sogar wenn man die Exponate selbst druckt. Viel Zeit braucht allein die Konzeption.

Selten werden Fotos so großformatig präsentiert wie in dieser ehemaligen Eisenbahnhalle in Arles

© Manfred Zollner

 

Das richtige Konzept

„Oft sortiert man beim ersten Durchsehen Unperfektes aus, doch das ist falsch“, erinnert sich der Bereichsleiter eines IT-Verbands. Tatsächlich haben Bilder in Kombination mit anderen eine andere Dynamik als Solisten. Fotografen fehlt da bei der Auswahl oft die Erfahrung und der Abstand. Ums Verkaufen geht es dem 51-Jährigen nicht, schließlich sei ein Hobbyfotograf davon nicht abhängig. Natürlich braucht trotzdem jedes ausgestellte Bild seinen Preis und diese Preisfindung ist ein Politikum. Schidlack findet es nicht sinnvoll, Bilder billig zu verkaufen. Sein Tipp: „Teilweise sind den Leuten fünfzig Euro Selbstkosten zu hoch. Wer etwas kaufen will, zahlt auch 200 Euro. Und man fühlt sich selbst besser dabei, würdiger.“ Ruth Westerwelle war selbst dreißig Jahre lang aktive Fotografin, hat dann ihren Berliner FotoSalon eröffnet, wo sie Privatunterricht für Amateure und junge Professionals gibt, sie coacht sowie ein visuelles Lektorat anbietet. Tatsächlich hat es eine ihrer Kundinnen immerhin in die Editionsgalerie Lumas geschafft. „Gerade junge Leute kommen oft mit der Frage, wie sie an eine Ausstellung kommen“, erzählt sie. „Meist muss ich ihnen viele Zähne ziehen. Sie denken, wenn sie eine Ausstellung machen, werden sie berühmt.“ Für Westerwelle ist eine Ausstellung eher etwas, das man sich leistet. Etwas, das völlig überbewertet wird. „Grundsätzlich sind Ausstellungen natürlich wichtig für die Vita, aber nur, wenn es gute Orte sind, es im Ausland war oder wenn es um spannende Ausstellungsbeteiligungen geht.“ Wenn jemand damit Geld machen will, winkt sie ab. Teils müssten die Künstler nicht nur für Prints und Rahmen sondern auch noch für die Räume bezahlen. Tatsächlich fangen Ausgaben und Aufwand schon weit vor der angestrebten Ausstellung an. Zum Vorstellen braucht man eine Mappe, oder gleich mehrere, um sie parallel zu Galerien schicken zu können. „Dass jemand eine Galerie findet, die ihn vertritt,“ fügt sie an, „das gibt es kaum noch. Doch darauf hoffen noch immer die meisten.“  Für die Kalt-Akquise bei Galerien brauchen Fotografen außer Talent und einer guten Mappe ein dickes Fell. Oft hört man von Fotografen, dass es völlig sinnlos oder sogar kontraproduktiv sei, sich direkt an Galerien zu wenden. Auf Nachfrage an bekannten Adressen bekommen wir die Antwort, dass durchaus Mappen angeschaut werden. Manche machen Termine mit Künstlern, andere lassen sich Arbeiten auch mal spontan zeigen.

Der lange Weg zur Galerie

Lothar Albrecht, der Inhaber der Frankfurter L.A. Galerie bestätigt: „Was reinkommt, schauen wir uns an. Gerade liegen hier Bilder eines US-Chinesen und eines älteren Deutschen. Wir können die nicht ausstellen, aber wir zeigen sie Museumsleuten und Sammlern. Wir haben nur fünf Ausstellungen im Jahr, aber viele Kontakte.“ Trotzdem seufzt er ein wenig angesichts der vielen jungen Leute, die zu ihm kommen. „Ich tue meinen Job, indem ich gucke. Aber ich könnte fast jemanden anstellen, weil es zu viele sind.“ Rudolf Kicken von Kicken Berlin rät, Zwischeninstanzen zu Galerien zu nutzen. Etwa auf Portfolioreviews. Von  Branchenkennern werden oft Entdeckungen an die Galerien herangetragen. Der beste Bonus allerdings ist für Kicken ein Tipp aus eigenem Hause: „Wenn unsere Fotografen andere Künstler empfehlen, dann schauen wir natürlich doppelt so gut hin.“ Über eine Empfehlung ist beispielsweise auch die Fotografin Vera Hofmann zu ihrer ersten Einzelausstellung gekommen. Und zwar beim Fachlabor Pixelgrain, das einen kleinen Space direkt neben dem Tresen für Exponate reserviert hat. Die Pixelgrain-Ausstellungen werden von Sebastian Lux kuratiert, der ansonsten in Hamburg bei der Stiftung F.C. Gundlach arbeitet. Die Newcomerin war ihm von einem Fotografen empfohlen worden, den er kuratiert hatte. „Wenn jemand noch nichts für die Deichtorhallen ist, dann vielleicht für Pixelgrain“, erklärt Lux, der gerade dabei ist, zusammen mit Vera Hofmann die eben aufgehängten Großprints zu beleuchten. „Das hier ist quasi ein PR-Raum. Das finde ich gut. Es gibt nicht den Verkaufsdruck wie in einer Galerie. Und für das Labor bringt es auch etwas“, meint Lux. Die besonderen Vorteile, wenn man in einem gut frequentierten Fachlabor ausstellt: Man nutzt den riesigen Fachpublikumsverteiler, zu dem selbst Museen gehören, außerdem kommen täglich viele Leute aus der Branche vorbei. Für die  Exponate muss der Fotograf nur das reine Material zahlen, die Arbeitszeit geht aufs Haus. Lux legt Wert darauf, dass generell Editionen aufgelegt werden, auch bei Neulingen.

Museen mit Talentförderung

Manche Museen haben Programme, um den Nachwuchs zu fördern. Doch es ist extrem schwer, reinzukommen. Etwa die talents von C/O Berlin sind sehr begehrt. 300 bis 400 Bewerber gibt es jedes Jahr. Schließlich wird man dort neben den Branchengrößen ausgestellt, zuletzt zeitgleich mit Gregory Crewdson. Die 4000 Gäste seiner Vernissage wurden auch durch die talents-Ausstellung gelenkt. Ein irrer Ansporn. Vor allem werden mit dem Programm Fotografiestudenten angesprochen. Doch was tun, wenn das zu hoch gegriffen ist? Ann-Christin Bertrand, die bei C/O Berlin für die talents zuständig ist, glaubt, dass es sehr darauf ankommt, wie jemand vernetzt ist. „Es ist die Aufgabe eines jeden, sich mit Antennen auszustatten, die ihn an die richtigen Kontakte und Orte bringen.“     Anja Martin